Adam und Eva

(2024) 110' / Musiktheater für 6 Sängerinnen und Sänger, einen Schauspieler, Chor und Orchester

Libretto von Anne-May Krüger, basierend auf Peter Hacks‘ Adam und Eva, Komödie in einem Vorspiel und drei Akten

Rollen
Gott Schauspieler
Gabriel Koloratursopran
Satanael Mezzosopran
Eva Lyrischer Sopran
Adam Bariton
Einhorn 1 Alt
Einhorn 2 Bass

Chor (3S 3A 3T 3B)

Orchester: 0.0.2(II=bcl).0.-0.0.3.0.-2perc.acc.-3.0.3.3.1.-fixed media.live-elec

Auftragswerk des Südwestrundfunks in Zusammenarbeit mit dem Landestheater Linz. Uraufführung am 2. Mai 2025 bei den SWR Schwetzinger Festspielen mit den Solisten und dem Chor des Landestheaters Linz, dem Experimentalstudio des SWR Freiburg, Andrea Moses (Regie), Mike Svoboda (Dirigent)

Trailer Premiere Schwetzingen Mai 2025

Szenario

Was, wenn der Sündenfall kein tragischer Fehltritt war, sondern notwendige Voraussetzung auf dem Weg des Menschen zur Freiheit? Wenn nur so die Vorhersehung sich erfüllen ließ? Der Mensch bricht mit Gott, erschafft sich selbst und wird damit diesem gleich.

Mit der Entscheidung, von Gut und Böse wissen zu wollen, übernehmen Eva und Adam von nun an und für immer die Verantwortung für ihr eigenes Tun. Der Biss in den Apfel als emanzipatorischer Akt! Und sie erfahren sofort, welch schmerzhafte Zustände dies Wissen mit sich bringt. Der neuen Zerrissenheit begegnen sie in ihrer gleichfalls neuen vollkommen unvollkommenen Art und Weise: gewitzt, empathisch, nachdenklich, liebevoll, frech und wenn es sein muss auch verlogen. Menschsein ist mühsam, noch dazu läuft nun die Zeit – man weiß vom Tod! Und muss sich beständig dunkler wie heller Mächte erwehren. Doch während Satanael und Gabriel noch gegeneinander sowie um die Menschen ringen, zieht Gott sich zunehmend aus dem Geschehen zurück. Der Allmächtige überlässt sie ihrem selbstgewählten Schicksal – und den dialektischen Schlaumeiereien zweier Einhörner.

Zur Vorlage

Peter Hacks‘ Auseinandersetzung mit dem Sündenfall erfolgt als dialektischer Blick auf den Eintritt der Menschen in die wirkliche Welt. Das Paradies kann hier nur errungen werden im Streben nach dem unerreichbaren „Zustand der Gesellschaft, der nicht ist, aber der als Ziel jeglichen vernünftigen Handelns vorgestellt werden muss“ (Hacks, Versuch über das Libretto). Die spröde und widerspenstige Materie, aus der Gott seine Welt formt, hat ihren Eigensinn. Doch daraus erwächst ihr Potenzial: Das Ja erhält nun einen Wert, denn auch das Nein ist Möglichkeit geworden. So ist diese neue Welt denn, wie Gabriel bekrittelt, nicht rund – sie eiert. Aus der Unmöglichkeit des vollkommenen Zustands, der per definitionem auch sein Gegenteil enthielte, resultiert die Wirklichkeit des Unvollkommenen.

Zur Musik

Die musikalische Sprache von Adam und Eva spannt sich über ein breites harmonisches, rhythmisches und klangfarbliches Spektrum – so weit wie der emotionale Gehalt der Geschichte selbst. Es gibt keine Leitmotive im traditionellen Sinn. Stattdessen werden die Hauptfiguren – Adam, Eva, Gabriel, Satanael und die beiden Einhörner – durch charakteristische Intervalle und rhythmische Strukturen geprägt, die sich ständig wandeln, während sich ihre Rollen und inneren Welten entwickeln. Das Orchester fungiert gleichzeitig als Landschaft, psychologischer Resonanzraum und unsichtbarer Akteur. Mit dem Biss in den Apfel tritt die Live-Elektronik hinzu und erweitert die musikalische Welt über die Grenzen des Orchesters hinaus.


Die Oper entfaltet sich in fünf Teilen und bewegt sich von der Erstarrung über Periodizität und Einfachheit hin zu einer manischen Wiederholung mit zunehmender rhythmischer Dichte. Schließlich richtet sich die Musik mit einem vorwärtstreibenden Puls, einer unerschrockenen Beschwörung direkt an das Publikum – als Aufruf zur Kreativität, zum Mut der Neuerfindung und zur Suche nach neuen Lösungen für alte Probleme. Wenn ich die Partitur mit einem einzigen Bild beschreiben müsste, dann wäre sie ein Rezept für einen magic brownie – einen, der Herz und Geist öffnet und die Hörerinnen und Hörer dazu einlädt, out of the box zu denken. - Mike Svoboda

Pressestimmen der UA bei den Schwetzinger SWR Festspielen (Mai 2025)

Opern.news | 4. Mai 2025

„Er [Mike Svoboda] gibt den Worten eine rhythmische Grundlage, beschränkt sich auf atmosphärisches oder auf musikalische Ausrufezeichen hinter den gesungenen Sequenzen. Dabei bewegt sich Svoboda frei in seinem eigenen, keinen Dogmen der Moderne folgenden Universum und nutzt seine Vorliebe, festgefahrene Genregrenzen immer wieder mit Lust und Humor zu überschreiten. Es bleibt vor allem beim Sog der Gedanken also der gesungenen (und gesprochenen) Worte, denen meist kurze Sequenzen einzelner Instrumente assistieren.“

Frankfurter Rundschau | 06.05.2025

„Das klangliche Ergebnis ist aber nicht massiert, eher schlank und frisch, dicht am Text entlang, und am schönsten, wenn es sinnlich wird. Man braucht dann selbst unbedingt sofort einen Apfel. […] Svoboda hält den Ball flach, die Musik, von ihm selbst dirigiert, ist komplex, lässt es sich aber nicht anmerken. Sie trägt einen durch den Text […] Auch wieder so eine Uraufführung, die gelingt und trotzdem nicht das letzte Wort für dieses nicht zuletzt das Publikum lebhaft ansprechende Werk sein sollte.“

junge Welt | 07.05.2025

„Zu den Stärken der Komposition gehört die Textverständlichkeit. Svoboda setzt die Stimmen und verwendet das Orchester so, dass fast jedes Wort nachvollziehbar ist. Zudem schreibt er eine Musik, die Möglichkeiten für Bewegungen auf der Bühne eröffnet. 18 Musiker genügen dem Komponisten, der auch die Uraufführung mit Mitgliedern des HR-Sinfonieorchesters dirigierte, um eine abwechslungsreiche Vielfalt an Klangfarben hervorzubringen. Nach sparsamen Begleitfiguren zu Beginn tendieren die späteren Teile zu einem dichteren Satz, die Steigerungen sind dramaturgisch klug verteilt.“

Dresdner Neueste Nachrichten (Hauptausgabe) | 06.05.2025

„Mit scheinbar leichter Hand verbindet der eh zwischen vielen Zugängen changierende Svoboda verschiedene Anregungen und macht daraus, samt dosiert eingesetzter Elektronik, etwas Eigenes.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Hauptausgabe) | 05.05.2025

„Die Freiheit, so will diese Oper, soll etwas Großes sein und etwas Tragisches, dessen Größe und Tragik gar keinen Bezug übers Gegebene hinaus ins Transzendente brauchen. Ein liberales Gleichnis also, das nur funktioniert, wenn es Gott sein letztes Wort schmälert, das ihm der nicht eben fromme Sozialist Hacks vor einem halben Jahrhundert neidlos zugestand. Der weise Urtext im Drama lautet: ‚Nein, Menschen, ihr habt Recht. Geht euren Weg.‘“

nmz - neue Musikzeitung | 01.06.2025

„[O]pulent, farbenreich, raffiniert in den Wirkungen, auch dem Festivalmotto folgend ‚verführerisch‘. Svobodas Musik erzählt, unterhält, ist einfallsreich, treibt die Handlung voran und bietet vor allem den Solistinnen und Solisten bei jeder Arie, bei jedem Duett Gelegenheit, sich zu zeigen. […] Die Zuseherinnen folgen dem bunten Treiben auf der Bühne mit bekannt schlechtem – oder doch dialektisch gesehen gutem – Ausgang und sind dabei von Kopf bis Fuß eingehüllt in Svobodas verführerisch-schöne Musik“.

DIE RHEINPFALZ - Ludwigshafener Rundschau | 05.05.2025

„Mit einem kleinen Ensemble mit Streichern, wenigen Holzbläsern, drei Posaunen, Schlagwerk und einem exponiert eingesetzten Akkordeon schafft der Komponist nicht selten irisierende und facettenreiche Klangbilder und polyphone Strukturen von apartem Reiz. […] Die Musik ist eigenmächtig und -willig, aber deckt nie den Text zu. […] Die Premiere war ein einhelliger Erfolg beim Publikum.“

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