Eunoia
(2014) 16' / für Frauenstimme, Posaune, Violoncello, Klavier und Schlagzeug
Text: Vocalise
geschrieben für das Eunoia Quintett und von diesem am 6. Mai 2014 im Gare du Nord, Basel, Schweiz, uraufgeführt. In Auftrag gegeben mit Unterstützung der Ernst von Siemens Musikstiftung.
Lena Kiepenheuer (stellvertretend für Johanna Greulich), Sopran
Stephen Menotti, Posaune
Ellen Fallowfield, Violoncello
Louisa Marxen, Schlagzeug
Clemens Hund-Göschel, Klavier
Eunoia Quintet Basel
Anmerkung des Komponisten
Das Wort ‚Eunoia’ bezieht sich auf das Wohlwollen und die Empfänglichkeit, die eine Redner zwischen sich und dem Publikum pflegt. Da die Musik ziemlich abstrakt ist und kaum etwas weiteres als die Klänge, die Art, wie sie hervorgebracht werden, und wie sie zueinander bezogen sind, zur Verfügung stellt, biete ich hier – um eine Art ‚Eunoia’ zu schaffen – einige Einblicke in das Werk an.
Die fünf Vokale des Titels – e, u, o, i und a – entsprechen ganz einfach je einem der fünf Musiker, jedem mit einem bestimmten Moment im Stück. Die Musik beginnt unauffällig mit einem feinen Klaviersolo, und nimmt an Schwung und Intensität zu, während sie durch Passagen fortschreitet, in welchen jeder der anderen vier Quintettmusiker hervortritt. Der Vibraphoneinsatz wird gefolgt von dem des Cellos, das eine Folge von faszinierend unstabilen Mehrklängen vorträgt. Die Antwort des Posaunisten, begleitet vom Schlagzeuger auf der elektrischen Gitarre, trägt eine kräftige Prise Chaos in die ansonsten klar gegliederte Form hinein. Zwei verstärkte Metallplatten werden fast das ganze Werk hindurch gerieben und gekratzt, wodurch ein Geräuschhintergrund entsteht, der den Konsonanten ‚f’, ‚t’, ‚s’ oder ‚ch’ entspricht – die Sängerin lässt diese in ihrem Vortrag entfallen und bringt nur Vokale hervor. Ich entschied mich, nicht einen Text zu vertonen, da das gesungene Wort – sei es Poesie, Prosa, oder Unsinn – unmittelbarer zum Zuhörer spricht als instrumentale Klänge und die Sängerin gegenüber den anderen hervorgehoben hätte.
‚Eunoia’ endet allerdings mit der Aufmerksamkeit auf der Sängerin. Wenn das Soloklavier so etwas wie eine introvertierte Ballade war, das Vibraphon eine Prozession, das Cello ein Klagegesang und die Posaune eine Improvisation, dann kann die Schlusspassage der Sängerin als eine fremdartige, ekstatische Hymne beschrieben werden, die subtile Vokalübergänge in die laute Ensembletextur hineinstreut: vom dunklen ‚u’ über das offene ‚a’ bis zum hellen ‚i’.
‚Eunoia’ wurde vom Eunoia Quintet in Auftrag gegeben und ist diesem gewidmet.
- Mike Svoboda, Oktober 2016