Wittgenstein & Twombly (Version für Blasorchester)
(2017/8) 20' / Konzert für Saxophon und Blasorchester
Die Uraufführung der Version mit Konzertband fand am 15. Juli 2018 in Toledo beim Festival Internacional de Música La Mancha mit der Festival Concert Band, Sebastián Heras, Dirigent, und dem Solisten Pedro Pablo Cámara statt.
Anmerkung des Komponisten
Als ich 15 Jahre alt war, habe ich zwei Schallplatten von der Bibliotek ausgeliehen und hintereinander angehört: The Shape of Jazz to Come (1959), eine Aufnahme mit dem Saxophonisten Ornette Coleman, und Le Marteau sans Maître (1955) von Pierre Boulez, von ihm dirigiert. Damals, mit meinem limitierten musikalischen Horizont, hörten die beide Aufnahme für mich sehr ähnlich an, ja fast austauschbar, obwohl mir klar war, dass die eine improvisiert und die andere komponiert war. Es wäre heute schwierig eine Person zu finden, die dem Komponist Coleman das gleiche hohe Ansehen wie Boulez zuordnen würde, aber ich fände es fair zu sagen, dass jede dieser zwei sehr unterschiedlichen Arten von Musik zu generieren, gleichermassen ihre Berechtigung hat. Ferner, würde ich die Musik von Coleman, sogenanntes Free Jazz, man als das Irrationale (Twombly) und die von Boulez als das Rationale (Wittgenstein) sehen wollen. Das Komplementäre der zwei Gegensätze ist das was für mich Musizieren so interessant macht: einem musikalischen Text treu wiedergeben, aber zugleich eine einige persönliche, gar emotionale Aussage finden, die oft kaum in Worten zu fassen ist.
Wittgenstein & Twombly entstand auf Initiative von Stephan Schmidt, dem Direktor der Musik-Akademie Basel, zum 150. Jubiläum des Bestehens dieser Institution 2017. Das Konzert ist für mein Akademie-Kollege, den Saxophonisten Marcus Weiss geschrieben, der sich mit größter Selbstverständlichkeit in der historischen wie der aktuellen Musik bewegt. Er ist auch ein beeindruckend polyglotter Redner und Denker, Fähigkeiten die sich in sein Musizieren niederschlägt. Obwohl Sartre & Pollock oder Descartes & Kandinsky auch klangvolle Titel wären, wählte ich die Kombination Wittgenstein & Twombly, weil zum einen Ludwig Wittgenstein ein Lieblingsphilosoph von Marcus Weiss ist und zum anderen, weil Cy Twombly ein Maler ist, der mich seit langem fasziniert. Gerade die Gegenüberstellung der relativ klaren und „kantigen“ Logik Wittgensteins mit den scheinbar irrationalen, Mythologie-bezogenen und Graffiti-artigen Gemälden Twomblys war ein inspirierender Ausgangspunkt diese Komposition.
Was würden die zwei Namenspatrone zum Werk sagen? Ich vermute, dass Twombly das Palimpsest im ersten Teil sympathisch finden würde – eine neuer Schicht über die nicht-mehr-zu-hörende, zyklische harmonische Form des zweiten Teils. Und Wittgenstein würde vielleicht dafür plädieren überhaupt das Werk „Twombly & Wittgenstein“ zu nennen, weil das zweiten Teil mit seiner mehrmals wiederholenden und variierte Persiflage eines Miniatur piece du concours, als Wiederhall des logischen, strukturelles Denken hören würde.
Besetzung
Piccoloflöte
Flöte 1
Flöte 2
Oboe 1 (optional)
Oboe 2 (optional)
Fagott 1 (optional)
Fagott 2 (optional)
Kontrafagott (optional)
Es-Klarinette
B-Klarinette 1
B-Klarinette 2
Bb-Klarinette 3
Bb-Bassklarinette
Bb-Kontrabassklarinette (optional)
Solo-Altsaxophon
Sopransaxophon
Altsaxophon 1
Altsaxophon 2
Tenorsaxophon
Bariton-Saxophon
Bass-Saxophon (optional)
B-Trompete 1
B-Trompete 2
B-Trompete 2
Flügelhorn
Horn 1
Horn 2
Horn 3
Horn 4
Posaune 1
Posaune 2
Posaune 3
Euphonium 1
Euphonium 2
Tuba
Kontrabass (optional)
Klavier
Pauken (auch Kiste mit Steinen*)
Xylophon
Vibraphon
Schlagzeug 1
Schlagzeug 2
Schlagzeug 3
Schlagzeug 1
Tam-tam, großes Ride-Becken, kleines Splash-Becken, Crash-Beckenpaar, Ratsche, Holzblock, Claves, Schotterkübel**
Schlagzeug 2
Tam-tam, großes Ride-Becken, kleines Splash-Becken, Crash-Beckenpaar, Ratsche, Holzblock, Klanghölzer, Kieskübel**
Schlagzeug 3
Glockenspiel, mittel-kleine Konzerttrommel, Sandblöcke, Peitsche, Kiste mit Steinen*
*) Eine mittelgroße Pappschachtel, die mit rundlichen Steinen von etwa 4 cm Durchmesser gefüllt ist, und zwar in einer Menge, die ausreicht, um den Boden der Schachtel mit zwei Schichten zu bedecken, so dass ein leicht unregelmäßiger Klang entsteht, wenn man sie mit einer Hand leicht umrührt oder schüttelt.
**) Der Kies in den Wannen (Pappkartons, die groß genug sind, um auf der Stelle zu gehen) sollte eine feinere Körnung haben, etwa so groß wie Erbsen oder Bohnen, damit das Geräusch von Schritt zu Schritt ziemlich gleichmäßig und leicht ist.